Huaweis neue Kompaktklasse – das Huawei Nova – debütierte zur IFA 2016 und jetzt kommt unser Langzeittest im Alltag zu seinem Ende. Ist das Huawei Nova nur was für Lifestyleblogger_innen, oder ein sinnvolles Gerät mit kompakten Maßen? Antworten gibt es nach dem Break.
Zur IFA war die Enttäuschung der deutschen Journalisten spürbar groß, nachdem ausländische Pressevertreter sofort mit dem Testen des Huawei Nova Plus beginnen konnten. Doch das Nova Plus sollte damals nicht nach Deutschland kommen und das Huawei Nova selbst war einfach noch nicht verfügbar. Das änderte sich dann doch noch und inzwischen bekommt man auch hier das Huawei Nova Plus für 359 Euro (Affiliate-Link).
Einen Monat später durften wir dann endlich das Huawei Nova auspacken und mehr als ein paar erste Eindrücke sammeln. Während Ende 2016 noch Konkurrenz getestet werden wollte, war es Anfang Januar endlich soweit und das Nova ging in Dauerbetrieb.
Verarbeitung
Zu Allererst lässt sich festhalten, dass die Glasabdeckung rund um das Kameramodul bisher keine spontanen Brüche vorzuweisen hat. Beim großen Vorgänger – dem Nexus 6P – kamen diese wohl vor. Dabei ist es mir ein paar Mal unsanft aus der Tasche gehüpft.
Die Verarbeitungsqualität ist auch sonst Huawei-typisch erste Sahne. Wir sprechen hier übrigens von einem Metall-Unibody mit mattem Finish auf der Rückseite und glänzenden Seiten. Voneinander abgesetzt werden beide aufgrund diamantgeschliffener Kanten. Infolge der rückseitigen, seitlichen Rundung erinnert das Handgefühl an das Galaxy S7. Im Gegensatz dazu besteht die Rückseite hier eben aus Metall statt aus Glas. Das Deckglas ist zu den Kanten mit einer – inzwischen gebräuchlichen – 2,5D-Abrundung versehen. All das schmeichelt der haltenden Hand ungemein.
Es sind dann auch noch die kleinen Details am Gerät, die es zu einer wahren Freude machen, es zu verwenden und anzusehen. Da ist der rote Schimmer des Powerbuttons ebenso wie der schnelle Fingerabdrucksensor, der beim Huawei Nova in seiner 4. Generation verbaut ist. Der entsperrt außerdem nicht nur, sondern lässt sich auch wieder in bestimmten Situationen als Multifunktionstrackpad verwenden. Sei es das Runterziehen und Entfernen der Benachrichtigungen, ohne den Bildschirm zu berühren, oder die Verwendung als Auslöser der Kamera. Es sind alles durchweg nützliche Funktionen.
Bildschirm
Das FullHD-Display mit seinen 5 Zoll (4,97 um ganz genau zu sein) sieht direkt betrachtet hervorragend aus und eine – mir bei Huawei noch als neu entgegengesprungene und nicht beworbene -Funktion schont nebenher die Augen. Im sogenannten Sehkomfortmodus wird dazu blaues Licht herausgefiltert und das Display wird warm-weiß (leicht gelbstichig). Leider ist dies keine dynamische Funktion, die durch den Umgebungslichtsensor angepasst werden kann. Im Gegensatz zur Helligkeit ist sie somit entweder an oder aus. In China bzw. auf Prototypen soll es hier noch einen Slider gegeben haben, mit dem sich die Stärke des Sehkomfortmodus hat manuell einstellen lassen. Ich empfinde das Bild aber durchweg als angenehmer und habe den Modus immer aktiviert. Diese Funktion ist überdies unabhängig von der Einstellung der Farbtemperatur, die man nochmals gesondert vornehmen kann.
Dieses “Nexus 6P compact” oder “Nexus 6S” hat aber auch seine Schwachstellen. Im Gegensatz zum Nexus 6P hat es erstens keinen AMOLED-Bildschirm und die Kamera ist zweitens unter schlechten Lichtverhältnissen leider nur begrenzt sinnvoll einsetzbar. Der vorhandene Nachtmodus (mit Langzeitbelichtung) kann hervorragende Bilder produzieren, doch benötigt man dafür eine sehr viel ruhigere Hand als ich sie habe, oder eben ein Stativ.
Leistung
Als eines der wenigen Unibody-Geräte von Huawei kommt es nicht mit Huaweis eigenem Prozessor, sondern mit einem Qualcomm Snapdragon 625 (Octa-Core mit 2 GHz). Zwar war der der Snapdragon 625 im 3. Quartal 2016 brandneu, allerdings ist Qualcomms 600er-Serie eben nicht die 800er-Serie. Der Snapdragon 625 zeichnet sich andererseits durch hervorragende Energieeffizienz aus, was man auch deutlich am vergleichsweise lang haltenden Akku spürt. Leistungstechnisch steht das Huawei Nova darum auf einer Stufe mit der “ASUS Zenfone 3”-Familie, dem Moto Z Play und bestimmten Geräten von ZTE und Xiaomi. Zum Vergleich hier zwei Benchmarks aus unseren internen Messungen. Das Alcatel Idol 4s dürfte eine vergleichbare Performance liefern.
Das Gerät verfügt außerdem über 3 GB LPDDR3-RAM und sollte eigentlich mit Allem gut klar kommen. Dennoch erfuhr ich nervige, immer wiederkehrende Momente, in denen – beim einfach App-Wechsel – die zuerst verwendete App ihren State verliert. Diese öffnet sich dann quasi wieder blank. Sei es die ÖPNV-App, der man dann die eben gesuchte Verbindung wieder eingeben muss, oder eine beim Pausieren abschaltende Podcast-App. Als würde der Speicher eben nicht ausreichen. Wie genau das eventuell mit Huaweis recht rigorosen Akkusparmaßnahmen zusammenhängt ist unklar.
Normalerweise sollte keine App abgeschossen werden, wenn nicht zumindest der Bildschirm abgeschaltet bzw. das Gerät gesperrt wird. Es kommt aber eben auch Folgendes vor: Pocket Casts wird pausiert, ich schaue ein YouTube-Video und dann verschwindet das Pocket-Casts-Benachrichtigungswidget. Folglich muss man wieder die App öffnen, um den Podcast fortzusetzen. Ich glaube, hier greift das gleiche Problem, dass Benachrichtigungen von Messaging-Apps unterdrückt, wenn man nicht alle erdenklichen Sparmaßnahmen abschaltet, die leider über das System in Huaweis EMUI verteilt sind. Bei einer längeren Nutzung am Stück wird die UI leider ruckelig und braucht den ein oder anderen Moment zum Durchatmen. Was schade ist, denn normalerweise sind alle Animationen flüssig. App-Wechsel, Wechsel zwischen Homescreens, Öffnen von Ordnern, alles kein Problem. Hat man aber eben den Speicher mit Arbeit gefüllt, dauert es gerne mal ein paar Sekunden bis es in diesen Zustand zurückkehrt.
Software
Apropos Emotion UI (EMUI), das Huawei Nova kommt mit der EMUI 4.1, die auf Android 6.0 Marshmallow aufsetzt. Noch im ersten Quartal jedoch wird die EMUI 5 mit Android 7 Nougat für das Gerät als OTA-Update erwartet. Für alle, die die EMUI nicht kennen: Sie orientiert sich stark am Aussehen von iOS. Es gibt z.B. keinen App-Drawer und Benachrichtigungs-Badges für eigene Apps. Außerdem sehen diese teilweise intern auch aus, wie ihre Entsprechungen bei iOS. Die Kamera-App dürfte wohl das prominenteste Beispiel sein. Das ist alles nicht schlimm, das muss man nur mögen, oder den Launcher wechseln.
Neben den typischen vorinstallierten Apps für Grundfunktionen, die auch von Google-Apps übernommen werden können (Musik, Videos, Kalender, Kontakte, etc.), gibt es auch ein Bündel an Drittanbieter-Apps, die Huawei jetzt auf seine Geräte packt. Diese sind jedoch im Gegensatz zu den eigenen Standard-Apps und Tools deinstallierbar. Dazu gehören WPS Office, Facebook, Twitter, News Republic, Asphalt Nitro, Dragon Mania, Spider-Man und ein Link zu Top-Games von Gameloft. Nitro läuft übrigens flüssig.
Fotografie
Auch wenn die Kamera zwar alle Eckdaten – die für Fotografie bei wenig Licht vonnöten sind – mitbringt, kann sie am Ende aber nicht ganz abliefern. Tagsüber, bei gutem Licht, ist alles kein Problem. Kurzum, die Bilder sind gestochen scharf, detailreich und farbenfroh. Der noch immer nicht standardmäßig aktive HDR-Modus übertreibt indes nicht, ist aber manchmal auch kaum zu merken. Helligkeits- und Kontrastwerte sollten wegen der großen Blendenöffnung des Objektivs (f/2,0) und der erhöhten Pixelgröße (1,25 µm) exzellent sein – ganz egal, bei welchen Lichtverhältnissen. Dennoch sind Helligkeit und Kontrast bei wenig Licht leider Sorgenkinder und die Ergebnisse matschig und verrauscht, wie die Bespielfotos zeigen. Zumal für den Super-Nacht-Modus (bis zu 25 s Langzeitbelichtung) meine stativlosen Stillhaltefähigkeiten leider nicht ausreichen (siehe folgende drei Bilder). Dieser erzeugt dann aber auch rauscharme Fotos.
Des Weiteren fiel mir auf, dass man auch bei perfekten Bedingungen unbedingt möglichst lange stillhalten sollte. Man denkt immer ein paar Sekundenbruchteile zu früh, dass das Foto fertig aufgenommen ist. Das Ergebnis sind schließlich leicht verwackelte Aufnahmen. Das sieht man dann aber erst an einem Computerbildschirm deutlich und nicht auf dem Display des Huawei Nova. Beim schnellen Hybridautofokus (Phasenfokus und Kontrastfokus) übertreibt Huawei hingegen nicht. Wenn genug Licht vorhanden ist, ist das Bild quasi sofort scharf gestellt. Warum auch immer es einen Tick zu lange dauert, das scharf gestellte Foto abzuspeichern, insgesamt gibt es dadurch eben Punktabzug beim “System Kamera” aus Objektiv, Hybridautofokus, 12-MP-Sensor und App. Hier die obligatorischen Testaufnahmen:
Kamerafunktionen
Neben den bereits erwähnten Modi HDR und Super-Nacht, lassen sich mit dem Huawei Nova ebenfalls Panoramen und Zeitlupenaufnahmen anfertigen. Man kann Fotos mit Wasserzeichen versehen (das reicht von Ort und Uhrzeit bis hin zu Stimmungs-Stickern), sowie den Profimodus aktivieren. Im Profi-Modus lassen sich entsprechend ISO, Weißabgleich, Fokus, Belichtungsdauer und Co manuell festlegen.
Die wahre Magie liegt beim Huawei Nova auf jeden Fall in der Selfie-Cam. Diese bietet erstens Verschönerungsgrade von 0 bis 10 für porentief reine Haut (“Beauty-Skin 3.0”) und zweitens Instant-Makeup auf einer Skala von Pink bis Drag-Queen (“Beauty-Make-Up 2.0”). Subtilität ist anders, jedoch bin ich mir ja für nichts zu schade. Bin ich nicht fabelhaft *klimper*? 😀
Videos können mit bis zu 4K aufgezeichnet werden. Leider ist hier die Standardeinstellung HD (720p) und man sollte das entsprechend vor einer Aufnahme überprüfen. Des Weiteren funktioniert die Bildstabiliserung (digital) nur bis FullHD (1080p).
Sound
Das Gerät wird als Lifestyle-Produkt vermarktet, kann aber auf jeden Fall so viel mehr als Selfie-Filter. Es bringt z.B. DTS Headphone:X mit, dass über Kopfhörer eine 3D-Soundstage (7.1) simuliert. Das gilt für Filme, ebenso wie für Musik und Spiele. Ein passendes Paar Kopfhörer – beispielsweise von Logitech oder Steelseries – und in Headphone:X aufgenommener Sound, machen das Ganze perfekt. Dieser digitale Soundprozessor virtualisiert Surround dabei aber auch auf jedes andere Paar Kopfhörer mit jedem Song, den ihr besitzt.
Originärer Headphone:X-Content ist zugegebenermaßen rar und beschränkt sich im Wesentlichen auf die Z+ Apps, in denen DTS-Versionen von Hans Zimmers Soundtracks zu fünf Filmen zu finden sind. Das klingt dann zwar wirklich gut, ist aber in der jeweiligen App gefangen. Es gibt auf jeden Fall Online-Demos mit Ausschnitten aus Ex Machina und ein paar Blu-Rays, die die entsprechenden Tonspuren besitzen. Diese fesseln euch aber wieder an den AV-Receiver im Heimkino und man hat davon nichts auf seinem Huawei Nova. DTS Headpone:X wäre perfekt für Video-Downloads, ist aber nirgends zu haben.
Fazit & Preis
Das Huawei Nova ist zuerst einmal ein Gerät der Kompaktklasse bis 5 Zoll. In dieser Kategorie gibt es nicht mehr so viele gute Geräte und es ist überdies perfekt für meine Hände geeignet. Ferner ist ein Kompaktgerät mit guten Spezifikationen und einer ordentlichen Verarbeitungsqualität noch seltener. Beides bringt das Huawei Nova mit. Die 32 GB interner Speicher reichen momentan noch aus, können aber erweitert werden. Möchte man – statt einer microSD für mehr Speicher – zwei SIM-Karten einlegen, kann man das tun. Beides gleichzeitig geht indes nicht.
Der Akku (3020 mAh) hält bei sparsamer Nutzung durchaus zwei Tage, aber mindestens immer einen ganzen Tag. Das ist für seine Größe schon super. Es unterstützt dank des Prozessors theoretisch auch Qualcomms Quick Charge. Dennoch liegt dem Nova leider nur ein normaler Netzstecker bei und ein Qualcomm-Quick-Charge-Ladegerät eines anderen Herstellers wurde nicht als Schnelladegerät erkannt.
Der EVP liegt bei 379 Euro, wobei Huawei selbst derzeit 11% Rabatt gewährt und 339 Euro in der vMall verlangt. Andere Händler sind inzwischen bei rund 300 Euro angekommen (siehe Amazon- & Preis.de-Buttons). Wem die Kamera wichtiger ist als das Unibody-Gehäuse, dem sei zum Beispiel das Honor 8 mit seiner Dual-Kamera und seinem Glasgehäuse empfohlen. Das gibt es ebenfalls zwischen 335 Euro und 369 Euro (Affiliate-Link) und mit ungefähr der selben Ausstattung, jedoch dem eindeutig interessanteren Kamerasystem.
In der Box steckt schließlich das Smartphone, ein SIM-Tool, Kopfhörer, ein USB-A-auf-USB-C-Kabel und das Ladegerät (5V, 2A).
weiterführender Link: Huawei-Produktseite
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