Der Google Aufsichtsratschef und ehemalige CEO des Suchmaschinenriesen Eric Schmidt hat wieder zugeschlagen. Seine Haltung zum Thema Privatsphäre ist ja bekannt: “Wenn es etwas gibt, von dem Sie nicht wollen, dass es irgendjemand erfährt, sollten Sie es vielleicht ohnehin nicht tun.” Nun wandte er sein ignorantes Argument auf Google+ an: Wer nicht unter seinem Realnamen auftreten möchte, solle den Dienst halt nicht nutzen.
Google+ sei nämlich ein “Identitätsservice” (“identity service”), sage Schmidt zu Andy Carvin vom amerikanischen National Public Radio. Google+ zu nutzen sei völlig freiwillig und optional. Eine bemerkenswerte Aussage: Das Wort “identity service” ist eine Wortschöpfung, von der man gar nicht so genau sagen kann, was sie eigentlich bedeuten soll. Ist Google+ also so etwas wie ein Telefonbuch – wo ja berechtigterweise reale Namen neben realen Telefonnummern und Adressen stehen?
Ich jedenfalls käme nie und nimmer auf die Idee, meine Meinung zum Tagesgeschehen oder Katzenbilder in einem Telefonbuch zu veröffentlichen. Und wenn Google so etwas im Sinn hatte – warum bauen sie dann keinen Adressdienst sondern ein “Social Network”, auf dem neuerdings sogar Spiele laufen? Jedenfalls sei das Sammeln von Klarnamen – so Eric Schmidt – fundamental für kommende Dienste, die später auf Google+ aufsetzen sollen.
Fragt sich, was für Dienste und wer die nutzen soll: Google plant irgendwas, für das sie wissen müssen, wie wir bürgerlich heißen. Möchte Google am Ende nicht nur Webseiten, Straßen und Bücher katalogisieren, sondern auch Menschen? Ein Einwohnermeldeamt für die Bewohner des Internet? Dazu vielleicht eine Art “Menschensuchmaschine”? Und wie will Google das monetarisieren? Mir mag dieser Gedanke so gar nicht behagen…
Davon abgesehen kann man gar nicht so genau sagen, ob man Eric Schmidts Haltung nun vor allem arrogant, ignorant oder naiv finden soll – oder aber alles zugleich. Es ist eine seltsame Haltung, Anwendern vorzuschreiben, wie sie eine Software oder einen Webdienst zu benutzen haben, solange sie ihren Mitmenschen dabei nicht schaden – bei der Erfindung der E-Mail kam zum Beispiel niemand auf die Idee, eine Klarnamenspflicht einzuführen – und es gibt 1.000 wirklich gute Gründe, Dienste wie Twitter, Facebook oder Google+ unter Pseudonym zu nutzen.
– via Mashable –
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Also, der Google+ ist freiwillig und es muss ja keiner mitmachen. Was dann ein Indentitäts-Service ist weiß man (und ich auch) nicht. Ok, jetzt kann ich dubiose Ängste schüren… wild herumphantasieren. Mmh. Ist schwer eine Position zu etwas einzunehmen, von dem man nicht weiß was es ist!
Eigentlich finde ich ein Sozial Network mit Klarnamen eine gute Ergänzung zu bestehenden Angeboten und habe bisher auch von der Praxis einen recht guten Eindruck.
Mal gespannt, zu welchen Ergebnissen wir nach der Testphase kommen.
Ist schon mal beruhigend, das andere da auch mit ihren Unsicherheiten ringen. Danke.
Google bietet einen Dienst an und besteht auf Klarnamen. Warum sollte das “arrogant, ignorant oder naiv” sein, wenn man auf diesem Konzept beharrt? Letztlich ist es nicht eine Technologie (wie Email), sondern ein Dienst, der auf dieser Technologie basiert (wie ein Mail-Server). Mein Arbeitgeber besteht auch auf einer Klarnamenspflicht auf seinem Mailserver. Wo liegt das Problem genau?
War ja zu erwarten, dass sich keiner die Mühe macht, mal drauf zu klicken, wenn ich am Ende die Gründe verlinke. Daher hier nochmal: https://geekfeminism.wikia.com/wiki/Who_is_harmed_by_a_%22Real_Names%22_policy%3F – das ist eine laaange Listen. Allen denen auf dieser Liste zu sagen: “Bleib doch einfach zu Hause” finde ich ja: arrogant und ignorant. Ganz nebenbei verstößt Google gegen deutsches Recht, nämlich das TMG, welches explizit verlangt, dass solche Dienste auch unter Pseudonym nutzbar zu sein haben. Aber die Diskussion hatten wir an anderer Stelle schon.
Ich sehe ein, dass Menschen das Recht haben müssen, sich im Internet mit einem Pseudonym zu bewegen. Ich habe die Liste angesehen – aber ich verstehe auch so, wo das Problem liegt.
Abgesehen von der Rechtslage, die ich als Schweizer und Laie nicht beurteilen kann, finde ich dennoch, dass eine private Firma einen Dienst so anbieten kann, wie sie das will – so lange sie transparent informiert (bei diesem Punkt bin ich mir nicht sicher, ob Google ihn erfüllt). Eine Partnervermittlung kann von mir aus nur heterosexuelle PartnerInnen vermitteln oder nur jüdische (oder nur beides).
Sollte G+ eine Art Standard werden, müsste man darüber noch einmal sprechen. Aber im Moment bietet es keine Funktion an, für die es nicht eine Alternative mit Pseudonym gibt.
“Du kannst ja weg gehen!” ist das Standardargument eines jeden Rauchers, den ich bisher gebeten habe in meiner Gegenwart nicht zu rauchen. Z.B. heute am öffentlichen Aushang einer Tageszeitung. Warum ist das legitim und wenn Eric Schmidt selbiges von *seinem* Dienst sagt, geht die Welt unter?
Das ist ja auch genauso wenig legitim. Wir wollen aber trotzdem keine Äpfel mit Nazis vergleichen, gelle?