Das Huawei Nova 9 wurde Ende letzten Jahres vorgestellt und ordnet sich in die Reihe der Mittelklasse-Smartphones im Huawei Sortiment ein. Ich konnte das Smartphone in meinem Alltag testen.
Das getestete Nova 9 ist die schwarze Variante mit 8GB RAM und 128 GB Speicher. Es ist keine weitere Speicher-Variante in Deutschland verfügbar allerdings gibt es das Gerät in einem schönen blauen Farbton. Das Smartphone wurde von Huawei zur Verfügung gestellt. Vielen Dank für die Möglichkeit das Gerät im Detail testen zu können.
Lieferumfang
Bei dem mir von Huawei zur Verfügung gestellten Gerät war neben dem Smartphone und dem 66W Super Charge Netzteil zusätzlich eine durchsichtige Hülle dabei. Ob das bei der in Deutschland verkauften Version auch so ist, konnte ich nicht sicher herausfinden. Auf der Webseite schreibt Huawei, die Hülle sei eine marktabhängige Beilage.
Design
Das Huawei Nova 9 erinnerte mich von Anfang an an mein Samsung S7 Edge von 2017. Mit dem großen Unterschied, dass das Nova das Display besitzt, von dem ich damals träumte. Das Gerät ist 175g schwer und misst 160 x 73,7 x 7,77 mm. Durch das gebogene Glas auf Vorder- und Rückseite fühlt sich das Smartphone selbst in einer Hülle deutlich dünner an, als es wirklich ist. Der umlaufende Aluminium-Rahmen ist an den Seiten beeindruckend dünn und an den Ober- und Unterseiten abgeflacht. Die Lautstärketasten befinden sich, wie auch der Powerbutton, auf der rechten Seite des Geräts und sind manchmal etwas schwer auseinander zu halten. Sie sind für meine Hände etwas zu weit unten positioniert. An der Unterseite ist neben USB-C Anschluss, Mikrofon und Lautsprecher auch der Dual-Sim Slot zu finden.
Display
Wie beim Design schon angedeutet, ist das Display im Nova 9 ein absoluter Traum. Mit 6,57 Zoll Diagonale gehört es definitiv zu den größeren Displays. Durch die abgerundeten Ecken und das gebogene Glas fühlt es sich dennoch handlich an. Das Display ist ein OLED Panel mit einer Auflösung von 2.340 x 1.080 Pixel. Noch dazu wird eine Bildwiederholrate von 120 Hz unterstütz und das sogar bei voller Auflösung. Laut Huawei deckt das Display den vollen P3 Farbraum ab und ist HDR10 fähig. Das alles resultiert in einem beeindruckenden Seherlebnis, das auch bei Sonneneinstrahlung erhalten bleibt, da das Display mit der automatischen Regelung immer ausreichend hell wird. Auch die mittig oben platzierte Punch Hole Kamera erwies sich weder bei Alltagsaufgaben noch beim Serienabend als störend.
Software
Die installierte EMUI Version 12.0.1 bietet neben vielen Individualisierungsmöglichkeiten auch ein eingängig und intuitives Benutzererlebnis. Die Gestensteuerung ist an vielen Stellen sehr an die von Apples iOS angelehnt, macht allerdings an einigen Stellen Dinge bedeutend besser. Ein Beispiel dafür wäre ein kleiner Pfeil, bei der Zurück-Geste, für die vom Bildschirmrand in die Mitte gewischt wird. Nützliche Systemfunktionen wie ein Dark-Mode und ein genialer Screenshot-Editor machen die Oberfläche praktisch und lassen wenige Wünsche offen.
Leistung
Das Nova 9 ist mit einem Qualcomm Snapdragon 778G 4G ausgestattet. Ihm zur Seite stehen 8GB RAM und 128GB Speicher. Diese Kombination aus einem Mittelklasse Prozessor und High-End verdächtigem RAM verleiht dem Nova 9 mehr als genügend Leistung um die animationsreiche EMUI Oberfläche schnell und ruckelfrei darzustellen. Mit der Adreno 642L GPU lassen sich grafisch aufwendige Spiele wie beispielsweise Asphalt 9 auf hohen Einstellungen ohne Problem spielen. Gaming Fans werden in Zukunft sicher Anwendungen finden die nicht mehr mit vollen Einstellungen laufen aber für gelegentliches spielen ist das Nova 9 perfekt gerüstet. Ich war überrascht wie lange große Spiele und natürlich auch alltägliche Apps im Hintergrund weiterlaufen und ohne zu laden öffnen. Das dürfte wohl der Benefit aus den 8GB RAM Speicher sein. Im Antutu und Geekbench 5 Benchmark liefert das Huawei Nova 9 gute Werte. Laut Antutu bewegt sich das Nova auf Höhe des Samsung Galaxy S10, laut Geekbench 5 sogar auf dem des Galaxy S21.

Antutu Benchmark (links) und Geekbench 5 (rechts)
Fingerabdrucksensor
Der im Display verbaute optische Fingerabdrucksensor hat sich im Test als sehr zuverlässig herausgestellt. Trotz schwitzigen Händen beim Joggen entsperrte er das Smartphone schnell. Die Positionierung unter dem Display ist sehr komfortabel. Im gesperrten Zustand zeigt das Always On Display die Position des Sensors.
Konnektivität
Beim Testen des Netzempfangs und der Sprachqualität ist mir nichts Besonderes aufgefallen. Das Gerät ist Dual-Sim fähig und bietet Platz für zwei physische Sim-Karten. Für beide Karten sind alle für Deutschland relevanten Bänder verfügbar, lediglich das für lokales LTE genutzt Band 32 wird nicht unterstützt. Das dürften allerdings die wenigsten wirklich vermissen.
Netzstandards:
4G FDD LTE: Bänder 1/2/3/4/5/7/8/12/17/18/19/20/26/28/66
4G TDD LTE: Bänder 34/38/39/40/41
3G WCDMA: Bänder 1/2/4/5/6/8/19
2G GSM: Bänder 2/3/5/8 (850/900/1800/1900 MHz)
An meinen üblichen Orten hatte ich immer die gleich Empfangsqualität wie mit anderen Geräten. Meine Gesprächspartner hatten auch nichts auszusetzen. Die Bluetooth Reichweite ist nach meinen Beobachtungen überraschend groß. Auch beim WLAN gab es keine Auffälligkeiten oder Probleme. Mit dem GPS hatte ich dagegen mit Probleme zu kämpfen, da es bei der Nutzung der Navigation mit der Huawei eigenen Pedal Maps App zu unangenehmen Verbindungsabbrüchen und damit Sprüngen während der Fahrt kam.
Sound
Neben dem Lautsprecher für die Telefonie, der wie schon erwähnt für gute Sprachqualität sorgt, besitzt das Nova noch einen Monolautsprecher an der Unterseite. Dieser klingt durchschnittlich und beginnt erst bei ca. 90% Lautstärke zu klirren. Schade ist dass der Lautsprecher in der Hörmuschel nicht genutzt wird, um einen Stereoeffekt zu erzeugen. Besonders bei Videos wäre das eine nette Ergänzung. Wie die meisten modernen Smartphones ist kein 3,5mm Klinkenanschluss verbaut. Mit dem richtigen Adapter können kabelgebundene Kopfhörer an den USB-C Port angeschlossen werden.
Kamera
Die von Huawei als AI Quad Camera beworbene Kamera besteht aus 4 Linsen und einem LED-Blitz:
50 MP Ultra Vision Kamera (f/1.9 Blende)
8 MP Ultraweitwinkel-Kamera (f/2.2-Blende)
2 MP Tiefenkamera (f/2.4-Blende)
2 MP Makrokamera (f/2.4-Blende)
Die Kamera App ist übersichtlich und bietet viele voreingestellte Modi. Es ist ein Raster und künstlicher Horizont einblendbar, was mich besonders gefreut hat. Huawei wirbt mit AI Funktionen, die Motive erkennen sollen und automatisch Filter und Einstellungen anpassen sollen. Leider können in der Kamera App keine QR Codes oder Text gescannt werden. Negativ ist mir die lange Auslöseverzögerung aufgefallen. Die Bilder der Hauptkamera sind OK. Bei Tageslicht sind die Aufnahmen detailreich und wenn die AI keinen der übersättigten Bildmodi aktiviert auch farblich schön. Leider neigt das Huawei dazu Bilder zu überschärfen und helle Bereiche ausbrennen zu lassen. Die Makro-Kamera ist in meinen Augen nur eine Spielerei, da die Bilder selbst bei gutem Licht stark rauschen. Für die Ultra-Weitwinkelkamera gilt ähnliches, wobei mit dieser bei gutem Licht annehmbare Ergebnisse erzielt werden können. Der Zoom wird bei mehr als 2x Vergrößerung leider auch unbrauchbar, da dann das Bildrauschen überhandnimmt. Der Porträt-Modus liefert bei guten Bedingungen schöne Ergebnisse, allerdings ist die Kantenerkennung nicht wirklich präzise und man benötigt manchmal mehrere Versuche, bis die Freistellung schön aussieht.
Hier einige Testbilder:
- Weitwinkelkamera
- Hauptkamera
- 2x Zoom-Kamera
- HAuptkamera
- Hauptkamera
- Hauptkamera
- Hauptkamera
- Hauptkamere im “Blende” Modus
- Makro-Kamera
- Hauptkamera
- Hauptkamera
- Hauptkamera mit starkem Farbfehler bei den Scheinwerfern
Akkulaufzeit und Laden
Der 4300 mAh große Akku hat selbst bei meiner überdurchschnittlichen Nutzung mehr als einen Tag durchgehalten. Bei einem normalen Nutzungsszenario sind bestimmt auch zwei Tage möglich. Ich habe auch den Stromverbrauch mit und ohne der 120 Hz Bildwiederholrate getestet. Mit der automatischen Regelung konnte ich keinen signifikant höheren Stromverbrauch feststellen. Erst wenn die Bildwiederholrate auf 120 Hz festgesetzt wird, ist der erhöhte Verbrauch wirklich spürbar. Ein sichtbarer Unterschied zur automatischen Regelung ist mir dagegen nicht aufgefallen. Das mitgelieferte Super Charge Netzteil lädt das Huawei Nova 9 in nur ca. 40 Minuten auf. Im Alltag stellt sich das als sehr praktisch dar und meine Sorge das Gerät könnte sich während des Ladens stark erhitzen, bleib unbegründet. Leider ist trotz der eigentlich perfekte Vorraussetzungen bietenden Glas-Rückseite kein Wireless Charging verbaut.
Die Sache mit Google bzw. ohne Google
Leider sind auf den neuen Huawei Geräten auch weiterhin keine Google Dienste verfügbar. Für das Nova heißt das: Huawei App Gallery statt Play Store. Dieser alternative App Store bietet eine überschaubare Auswahl von in Europa relevanten Apps. Viel sind auch nur über Drittanbieter wie apkpure und APKMonk etc. herunterladbar. Besonders bei Banking-Apps ist das schwierig, da man diese nicht aus unsicheren Quellen laden sollte. Der Amazon App Store bietet nochmal einige weitere Apps, von denen viele allerdings in die Kategorie Spiele bzw. Entertainment fallen, da er eigentlich für die eigenen Firetablets gedacht ist. Huawei ist sehr bemüht Alternativen zu bieten. Mit Quick Apps lassen sich Web Apps von Diensten auf dem Homescreen ablegen und so nutzen. An vielen Stellen gibt es auch direkte Alternativen, wie die Karten- und Navigationsapp “Petal Maps” die in meinen Augen sogar ein paar praktische Features mehr hat, als die Google Alternative. Zusammengefasst muss man sagen, dass der Google Bann immer noch eine große Einschränkung darstellt.
Kontra
Ich habe versucht im gesamten Testbericht nur in einem Absatz auf die fehlenden Google-Dienste einzugehen, um das Gerät objektiver bewerten zu können. Bei den Kontrapunkten muss ich diesen Punkt allerdings ganz oben aufführen. Auch die Kamera ist für mich ein Nachteil, da andere Geräte in dieser Preisklasse ein schöneres Gesamtpaket bieten. Das fehlende 5G fällt ebenfalls in diese Kategorie. Der nicht erweiterbare Speicher könnte ein Nachteil sein. Mit Blick auf den standardmäßig verbauten 128GB Speicher ist der für viele aber vielleicht auch hinfällig.
Pro
Ein besonders positiver Punkt beim Nova 9 ist das geniale Display. Hohe Auflösung und Helligkeit schöne Farbwiedergabe und sogar 120 Hz. Es macht wirklich Spaß darauf Filme zu schauen oder ein Spiel zu spielen. Auch die Leistung des Qualcomm Snapdragon 778G in Kombination mit den 8GB RAM ist angemessen. Die Akkulaufzeit und die Schellladefunktion mit dem mitgelieferten Netzteil kann ein guter Grund sein, sich für das Nova 9 zu entscheiden.
Fazit und Preis
Huawei liefert mit dem Nova 9 von der Hardwareseite ein wirklich schönes Gesamtpaket mit Stärken bei Display und Akku und Schwächen bei der Kamera. Das Problem liegt auf der Software-Seite. Ohne Google Dienste fällt es schwer das Smartphone zu empfehlen. Es gibt sicher Einsatzzwecke, bei denen das Gerät seine Vorteile ausspielen kann. Wichtig ist sich bewusst zu machen, was man mit dem Gerät machen möchte und zu prüfen, ob Apps und Dienste verfügbar sind oder ob Alternativen in Frage kommen. Huawei gibt eine Preisempfehlung von 499€. Diese wird mittlerweile von vielen Händlern unterboten und man bekommt das Nova 9 so für teilweise unter 300€. Für diesen Preis und mit dem Wissen über die Schwächen kann das Huawei Nova 9 durchaus eine gute Wahl sein. Für wen die Google Dienste eine unverzichtbare Eigenschaft sind, sollte sich das Honor 50 ansehen. Es ist beinahe identisch mit dem Nova 9 und bietet für 379€ eine etwas bessere Hauptkamera mit 108MP und einen 5G fähigen Chipsatz. Leider bietet die kleinste Speicherversion mit 128GB nur 6GB statt den 8GB im Nova 9. Das dürfte wohl an der zweiten Variante liegen die 256GB und 8GB RAM bietet allerdings etwas teurer ist.
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