Tageszeitungen auf dem iPad – zwischen Abonnement und Kostenloskultur [Kommentar]

Guardian-2 Tageszeitungen auf dem iPad - zwischen Abonnement und Kostenloskultur [Kommentar] Technologie

Wer gerne Zeitung liest und sich regelmäßig über das Tagesgeschehen informieren möchte, der hat innerhalb der letzten zehn Jahre so einiges an Möglichkeiten an die Hand bekommen. Stichwort: neue Medien. Heutzutage hat jede Tageszeitung, die etwas auf sich hält, einen eigenen Webauftritt und ist mit einer angepassten Version auf dem iPhone/iPad vertreten. Diese ganze Entwicklung birgt aber auch Probleme in sich, da viele Inhalte bereits kostenlos auf den Websites der Zeitungen eingesehen werden können und dementsprechend viele Nutzer, vor allem jüngere, nicht mehr bereit sind, für den Content Geld zu bezahlen. Bei den Kollegen von iphoneblog.de bin ich gerade über eine interessante Statistik zu diesem Thema gestolpert:

The publisher said that with the help of its free newspaper websites, the number two on Fleet Street after Mail Online, Guardian News & Media reaches 5.8 million people a week via print and digital, 300,000 more than the Times titles. A further 17,000 people pay for the Guardian’s £9.99 a month iPad app, while an unspecified number pay for the Kindle equivalent. (The Guardian)

Auf den ersten Blick stehen also 17.000 Abonnenten der iPad-Version, die übrigens mit 11,99 Euro pro Monat zu Buche schlägt, den 5,8 Millionen Lesern entgegen, die pro Woche über Print und andere digitale Medien (in erster Linie guardian.co.uk) erreicht werden. The Guardian iPad Edition ein Flop? Nein, denn die iPad-Version entspricht der Print-Version von The Guardian (natürlich iPad-optimiert), die aktuell auf eine Auflage von 215.988 kommt und auch mit dieser verglichen werden sollte. Die immer wieder beschworenen rückläufigen Abonnentenzahlen sprechen somit nicht für den Misserfolg von Tageszeitungen auf dem iPad oder anderen digitalen Medien, sondern vielmehr dafür, dass immer weniger Nutzer überhaupt bereit sind, Abonnements abzuschließen – egal ob Print- oder Digital-Version. Vor diesem Hintergrund lässt sich auch verstehen, warum immer mehr große Tageszeitungen auf eine Paywall setzen, also auch für den Content ihrer Websites von den Lesern Geld verlangen. Ob das Sinn macht, oder nicht, sei dahingestellt.

Warum überhaupt eine Zeitung auf dem iPad abonnieren?

Aus meiner Sicht spielt beim Abschluss eines digitalen Zeitungsabonnements in erster Linie die Umsetzung eine Rolle. Das fängt schon bei der Verfügbarkeit im App Store an. So setzte man bei der Stuttgarter Zeitung bisweilen auf die so genannte ePress-App, die gleich mehrere Tageszeitungen umfasst und auf der Website noch entsprechend verlinkt ist. Seit Kurzem gibt es aber auch eine App, mit der man sich die Stuttgarter Zeitung (und nur diese), direkt in den Zeitungskiosk des iPads holen kann. Warum das wichtig ist? Weil ich auf diese Art und Weise eben alle Magazine und Zeitungen an einem Ort einsehen und verwalten kann und nicht zig unterschiedliche Apps installieren muss.

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Das Internet trägt zur Beschleunigung aller Lebensbereiche bei, Informationen von heute, sind am Folgetag schon nicht mehr aktuell. Das bringt mich zum nächsten Punkt: Verfügbarkeit. Im Falle der StZ lässt sich die iPad-Version bereits ab 20 Uhr am Vortag abrufen – ein deutlicher Vorteil gegenüber der Print-Version. Der Spaß schlägt am Ende des Monats dann mit 19 Euro zu Buche, deutlich weniger als die 31,90 Euro für die allmorgendliche Zeitung im Briefkasten. Ich erinnere mich noch genau daran, dass einige Verlage zu Beginn meinten, die Preise des Print-Abos eins zu eins auf das iPad-Abo zu übertragen und damit selbst zu der anfänglich geringen Akzeptanz beitrugen.

Zu guter Letzt, noch ein Punkt, der in der Debatte allzu oft nicht berücksichtigt wird: die Zeitung wird auf dem iPad lokal gespeichert und ist somit immer und überall verfügbar, während die Nutzung des Webauftritts stets eine Internetverbindung erfordert – und ja, es gibt weiterhin viele Menschen, die eben keine mobile Datenflat haben.

Wie geht es weiter?

Mit der zunehmenden Verbreitung von Smartphones und Tablets werden digitale Zeitungen mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Es mag zwar stimmen, dass die Abonnentenzahlen allgemein rückläufig sind und im Internet eine gewisse Kostenloskultur vorherrscht, es wird aber auch immer Leser geben, die die Vorteile einer gut umgesetzten (digitalen) Zeitung zu schätzen wissen und bereit sind, dafür zu bezahlen.

In diesem Bereich werden wir in den kommenden Jahren viele Veränderungen erleben, in erster Linie eine Verschmelzung der verschiedenen Plattformen. Die Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Magazine, die sich  dieser Entwicklung nicht verschließen und möglichst früh neue Trends erkennen, werden wir auch noch in 50 Jahren lesen – dann vielleicht auf unseren digitalen Google-Kontaktlinsen.

Veröffentlicht von

Jahrgang 1986. Blogger & Journalist. Politologe & Anglist. Technik & Kaffee.

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Nicolas Mailänder
10 Jahre zuvor

Also ich hatte mal die Bildzeitung für einen Monat abonniert, weil sie für diesen Zeitraum nur 79 Cent kostete.

Micha
10 Jahre zuvor

Tageszeitungen auf dem iPad sind eben noch nicht Jedermann’s Sache. Solange Smartphones noch mit Problemen zu kämpfen haben wie einer langsamen Internetverbindung und einem kleinen Display – solange wird sich das auch nicht ändern.

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