Google und Amazon feilschen um die Aufmerksamkeit ihrer Nutzer und die Vorherrschaft im Smart Home – dabei statten sie ihre Geräte für den Google Assistant bzw. Alexa meist nur mit dem Notwendigsten aus, um mit niedrigen Preisen den Fuß in die Tür zu bekommen. Die beiden Platzhirsche verdienen so gut wie nichts mit ihrer Google-Home- (bzw. jetzt Nest-Home-) und Echo-Hardware und schleudern diese auch gern zu jeder Gelegenheit noch mal preisreduziert, oder als Dreingabe bei Dritten raus. Hersteller wie Lenovo wollen natürlich trotzdem mitspielen – doch bringt das überhaupt was, wenn einem die Plattform nicht gehört und man nur aufwendigere Hardware für sie entwerfen kann?
Im Oktober 2018, stellte Google sein erstes Gerät mit Google Assistant und Display vor – den Home Hub (jetzt Nest Hub, 129 €). Es sollte noch bis zur Google I/O im Mai diesen Jahres dauern, bis auch wir in Deutschland das smarte Display vorbestellen konnten. Parallel stellte Google selbst gleich noch eine größere Variante – den Nest Hub Max vor. Dieser soll nun zumindest in den USA, UK und Australien im September auf den Markt kommen soll. Damit hatte Lenovo mit seinem eigenen Design für ein – vom Google Assistant betriebenes – Smart Display tatsächlich noch etwas Vorlauf hier in Deutschland und konnte mit Varianten in 8 und 10 Zoll am 15. April loslegen.
Das Lenovo Smart Display war aber auch zum deutschen Marktstart schon nicht mehr ganz frisch. Englischsprachige Regionen konnten sich das noch 2018 unter den Weihnachtsbaum legen. Diese ganzen Verzögerung liegen einzig daran, dass die UI nicht fertig lokalisiert war. Eine UI, die eben nicht von Lenovo kommt, sondern zu 100% von Google bestimmt wird und auf jedem Gerät mit Google Assistant gleich aussieht, genau so wie jeder Google Home Smart Speaker exakt gleich zu bedienen ist.
Doch genau so wie es bei den smarten Lautsprechern gravierende qualitative Unterschiede gibt, gibt es sie natürlich auch bei den Displays und darauf legt Lenovo auch sein ganzes Glück in der Sparte. Ich hatte eine Woche vor Marktstart das Vergnügen, einen ersten Eindruck vom Gerät zu gewinnen:
Was mir nach längerer Benutzung des Lenovo Smart Displays (10″) und dem neuesten Mitglied der Familie – der Lenovo Smart Clock – hängen geblieben ist, erfahrt ihr im Folgenden.
Lenovo Smart Display (10″)
Das Lenovo Smart Dsiplay sieht von hinten wirklich super elegant aus. Die Bambusrückseite passt schön in die unberührte Kochinsel einer Bulthaupküche, sonst wird man sie wohl nur beim Auspacken sehen. Die Vorderseite ist da schon etwas nüchterner. Hinter der gelochten Abdeckung verbergen sich der 10-Watt-Lautsprecher und zwei passive Radiatoren. Daneben – oder darüber (je nachdem, wie man es dreht) – befindet sich der 10,1″-Bildschirm mit FullHD-Auflösung (1.920 x 1.200, 224 ppi).
Im Rand verstecken sich 2 x 2 Mikrofone, die euch auch aus dem nächsten Raum hören, sowie zwei physische Schalter, um Mikrofon und Kamera separat abschalten zu können und eine Lautstärkewippe. Auf der Front befindet sich die 5-Megapixel-Kamera für HD-Videotelefonie (720p) via Google Duo. Im Inneren steckt ein Snapdragon 624 Octa-Core von Qualcomm, etwas Speicher (2 GB RAM + 4 GB ROM) und 2 x 2 WiFi 802.11 ac mit 2,4 GHz/5 GHz und MIMO für guten Empfang. Bluetooth ist auch verbaut.
Wie bei allen Google-Home-Geräten wird auch das Smart Display über die Google Home App (s.u.) eingerichtet und aktualisiert. Diese steht für Android- und iOS-Smartphones in den jeweiligen App Stores zur Verfügung. Dabei wird das Lenovo Smart Display mit dem Google Account verknüpft, den man auf dem Smartphone nutzt. Das hat gewisse Implikationen, die später noch entscheidend werden.
Nach längerer Nutzung des Lenovo Smart Displays stellt sich mir nach wie vor die Frage: Warum sollte man sich so etwas kaufen? Jeder Laptop und jedes Tablet sind flexibler und sind in ihren Funktionen auch nicht beschnitten. Du willst Deine neue Lieblingsserie auf Netflix weiterschauen, während Du in der Küche stehst? Vergiss es. Es gibt ja nicht einmal Dein personalisiertes YouTube (Abos, Wiedergabelisten, etc), obwohl das Smart Display natürlich Deinen Google Account hat.
YouTube wird gern als Pro-Argument für Smart Displays mit Google Assistant verwendet, aber es ist eben kein vollständiges YouTube an Bord. Es ist mehr oder weniger nur die Fähigkeit, Videos von YouTube abzuspielen. Klar kann man vom Smartphone aus auch die Abos und Co. via Cast auf dem Smart Display abspielen, aber das man dann wieder ein weiteres Gerät benötigt widerspricht irgendwie der Logik hinter dem Smart Display. Von Google Podcasts hat das System auch noch nie was gehört.
Schön. Man hat Chefkoch.de und eine Schritt-für-Schritt-Bedienung des Kochbuchs mit der Stimme, aber irgendwie ist das ja auch nicht jeden Abend abendfüllend.
Musik lässt sich natürlich auch streamen, aber das kann ja jedes Gerät, da reicht auch ein Bluetooth-Lautsprecher und ein Smartphone. Das ist nichts, wodurch sich das Lenovo Smart Display abhebt. Im Grunde sind diese Geräte alle die Fortführung der Idee eines digitalen Bilderrahmens und natürlich lassen sich hier dann alle Fotos von Google Fotos oder diverse Kunst anzeigen.
Sinnvoll sehe ich ein Smart Display wie das von Lenovo tatsächlich als Steuerzentrale für andere Smart-Home-Geräte. Im Google-Universum war die Stimme des Nutzers bisher die einzige Kontrollmöglichkeit (abgesehen von der App fürs Smartphone) für Google-Home-Geräte. Diese Displays haben eben auch Touch für diese Steuerung – sei es nun die Lautstärke eines verbundenen Lautsprechers, die Helligkeit oder Farbe einer smarten Lampe, oder die Position der motorisierten Jalousie.
Allerdings ist all das auch nicht sonderlich revolutionär, schaut man sich die Konkurrenz an, die bald die dritte Generation ihrer smarten Displays auf den Markt bringt. Google Duo nun ist Googles Software der Wahl für Videotelefonie zwischen Smartphones und Smart Display. Das ist an sich auch nicht verkehrt, da es im Grunde eine einfache Kommunikation abbildet, wie sie FaceTime oder Alexa Videoanruf auch machen. Schön wäre nur, wenn das unter iOS auch ginge (unten Mitte). In der Android-Version von Google Duo (unten rechts) taucht nämlich direkt als erster “Kontakt” in der Kontaktliste die Option “Meine Home-Geräte anrufen” auf.
Auch wenn dann ALLE verknüpften Google-Home-Geräte im Haus bimmeln, kann das Gegenüber immerhin problemlos mit einem kommunizieren. Unter iOS war es eine Zeit lang möglich, über die Google-Assistant-App Google Duo zu benutzen und dann auch das Smart Display zu erreichen. Das schlägt jetzt fehl (s.o. links).
Das geht inzwischen nicht mehr und in der Google-Duo-App für iOS fehlt die Funktion für die Home-Geräte in der Kontaktliste. Es ist als derzeit unmöglich von einem iPhone aus ein Smart Display anzurufen – wenn man auf beiden Geräten den selben Google Account/Telefonnummer verknüpft.
In den Ländern, in denen man Zugriff auf Google Voice hat, kann man natürlich die Google-Voice-Telefonnummer mit Google Duo verknüpfen und dem Smart Display quasi seine eigene Nummer geben. Das Lenovo Smart Display kann lediglich für Google Duo (also Videoanrufe) auch hochkant platziert werden. Leider dreht jeder andere Inhalt nicht mit. Im Dunkeln schaltet das Gerät in einen “Sparmodus” und zeigt lediglich die Uhrzeit auf einem stark gedimmten Display (einstellbar) an.
Wie schon erwähnt, kann neben den eigenen Fotos von Google Fotos, auch diverse Kunst angezeigt werden, die dann wie ein Bildschirmschoner durchwechselt. Wenn man einen Chromecast hat, kennt man diese “Warte auf Befehle”-Ansicht. Die aktive Ansicht besteht im Grunde immer aus der Wetteranzeige und den Karten der zuletzt verwendeten Aktionen. Also z.B. die letzte Anfrage, oder der letzte gespielte Song. Diese Karten können durch Wischen entfernt werden.
Wie bei allen Produkten mit Google Assistant, werdet ihr keines der Geräte bei Amazon finden, schließlich wollen die ihre Echos mit Alexa verkaufen. Zum Glück besteht das deutschsprachige Shopping-Internet aber nicht nur aus Amazon und so ist das Lenovo Smart Display (8″) inzwischen ab 159 Euro zu haben (UVP war 179 Euro). Das Lenovo Smart Display (10″) kostet z.B. bei Cyberport noch 222 Euro (UVP 239 Euro). Links zu den Shops via Preis.de:
weiterführender Link: Lenovo-Produktseite
Lenovo Smart Clock
Die Lenovo Smart Clock ist ein kleines Lenovo Smart Display mit 4 Zoll Bildschirmdiagonale und ohne jegliche Videofunktionalität. Es stehen 11 anpassbare, mehr oder minder hübsche, Ziffernblätter zur Verfügung und der graue Textilbezug sollte zu jedem Schlafzimmer passen.
Es ist eine Uhr mit Google Assistant für 99 Euro (UVP). Media Markt bietet die Lenovo Smart Clock derzeit für knapp 94 Euro an (Link via Preis.de unten). Der Echo Show 5 von Amazon ist für 10 Euro weniger und 1,5 Zoll mehr zu haben und kann auch Video (außer YouTube). Das selbe Konzept in rund (und hübscher, IMHO) ist der Echo Spot für knapp 130 Euro.
Die Hauptfunktionalität einer Uhr, die Uhrzeit anzuzeigen bzw. anzusagen und Wecker zu stellen, meistert die Lenovo Smart Clock problemlos und dank Google Assistant auch auf Zuruf. Dank TuneIn wird die Lenovo Smart Clock auch zum Radiowecker, der auf Wunsch 30 Minuten vor der Weckzeit beginnt, das Display langsam immer heller zu drehen und als sog. “Tageslichtwecker” zu fungieren.
Wer einen schönen Radiowecker für den Nachttisch sucht, der sich auch mal Dinge merkt, Fragen beantwortet, oder die in der Google-Assistant-App ausgewählten Nachrichtenquellen für den morgendlichen Kaffee abspielt. Leider muss man dabei auf die Videos, die z.B. bei Euronews oder der Tagesschau in 100 Sekunden, zur Verfügung stünden und auf dem Lenovo Smart Display und den kleinen Amazon Echos mit Display wiedergegeben werden, verzichten.
weiterführender Link: Lenovo-Produktseite
- Die Juwelen unter den In-Ear-Kopfhörern neu aufgelegt: beyerdynamic Xelento Wireless 2nd Generation im Test - 2. November 2022
- Feuerwear Flora – Der Übertopf für Upcycling-Freunde [Gewinnspiel] - 20. Oktober 2022
- Der Sonos Sub Mini kommt in den Handel - 7. Oktober 2022