Das Internet gewinnt im aktuellen Bundestagswahlkampf an großer Bedeutung. Wir berichteten bereits darüber, dass es sogar wahlentscheidende Auswirkungen haben wird. Doch inwiefern hängen die unterschiedlichen Wahlkreise, Institutionen, etc. im Internet zusammen? Das Portal Wahlradar will viele Zusammenhänge aufzeigen und Licht in den Politikdschungel bringen.
Das Portal Wahlradar hat Daten über mehr als 3.000 politische Internetseiten gesammelt und bietet so die Möglichkeit das Polit-Web in Deutschland kartiert und visualisiert darzustellen. Mithilfe der interaktiven Karte auf der Website lassen sich Meinungsführer identifizieren, Themen verfolgen, Trends erkennen und die Polit-Blogosphäre wie auf einer Weltkarte darstellen. Es sollen sogar Stimmungsumschwünge und Attacken des politischen Gegners angeblich sofort und in Echtzeit dargestellt werden können.
Die unterschiedlichen politischen Strömungen sind entsprechend ihrer Farben unterteilt. Neben den Parteien erhält man eine Übersicht über Strömungen im öffentlichen Diskurs (Grau), Medien (Weiß), Satire (Türkis) und Institutionen (Violett).
Hier verweise ich auf die Seite Der Spiegelfechter, der sich intensiv mit dem Wahlradar beschäftigt hat und zum Beispiel die farbliche Sortierung verschiedener politischer Richtungen und Blogs kritisiert, die nicht direkt einem parteipolitischem Spektrum zugeordnet werden können oder nicht kategorisiert werden möchten. Diese erhalten dennoch eine Kolorierung, die sie in bestimmte Schubladen einteilt. Exakt dieses Problem schildert und kritisiert sehr nachvollziehbar ein Artikel auf der eben benannten Seite Der Spiegelfechter von Jens Berger.
Neben dieser Problematik der Kategorisierung existieren zudem noch weitaus frappierendere Schwachstellen in diesem System. Bestimmt wurde die Seite mitunter als Service für die unübersichtliche politische Landschaft aufgebaut, doch sie wird dem Web 2.0 nicht gerecht. Allein die Aussage im Wahlradar-Blog, „relevante deutsche Politik-Web abbilden“ zu wollen, ist meiner Meinung nach naiv, da die 3.000 gelisteten lediglich einen Ausschnitt der vorhandenen politischen Seiten darstellt. Und wer bestimmt hier, was relevant ist und was nicht? Nach welchen Kriterien wird ausgewählt? Warum sind soziale Netzwerke wie Facebook nicht in der Map? Gerade diese sollen ja mittlerweile einen großen Einfluss auf die politische Landschaft ausüben.
Trotz aller Fragen und Kritik sollte man sich die technisch und optisch gelungene Visualisierung auf der Wahlradar Website ansehen. Der Managing Partner von Publicis Consultants I Deutschland, Axel Wallrabenstein äußerte sich bei der Vorstellung der Seite: „Wer den wahren Wert von Wahlradar erkennen will, muss es selber ausprobieren. Auch Kommunikationsprofis reagieren jedes Mal verblüfft, wenn wir zeigen, was Wahlradar alles aufdeckt und welche Verlinkungen sichtbar werden.“ Dem ist wohl zurzeit nicht ganz so, doch diese Seite hat großes Potenzial. Wenn an den richtigen Schrauben gedreht wird und mehr Websites in sinnvolle Kategorien (wenn das überhaupt möglich ist) unterteilt werden.
Das Projekt ist übrigens in Kooperation mit Publicis Consultants I Net Intelligenz, den internationalen Analyse-Spezialisten linkfluence aus Paris sowie Q – Agentur für Forschung entstanden. Es wäre natürlich auch interessant zu sehen, wo diese Einrichtungen politisch verortet sind.
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